von Mario Jessat
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11. Juli 2022
"Mach mal langsam". Noch langsamer. Das ist ein Satz, welchen ich oft in der Hundeschule predige. Macht einfach mal langsam. Manchmal habe ich das Gefühl, das meine Probanden beim Training oder beim anschließenden Spaziergang abnehmen möchten. Schneller Schritt, fast an der Grenze zum joggen. Ich fange sie dann aller 0,5 min wieder ein und beruhige sie. Aber auch meine Gäste rennen bei einem Spaziergang manchmal neben mir auf und ab, weil ich ruhiger gehe. Wenn ich zügig mit den Hunden unterwegs sein will, nehme ich das Fahrrad. Dabei habe ich über die Jahre zwei Sachen festgestellt. Oft zwingt uns der Hund dazu, schneller zu laufen. Er funktioniert noch nicht so richtig neben uns, daher lassen wir uns unbewusst von ihm zur Eile drängen, rennen ihm etwas nach. Vor allen Dingen dann, wenn er noch nicht so gut an unserer Seite verweilt, weil er das noch nicht richtig gelernt hat. Oder selbst nach vorn will. Zum Beispiel wenn er einfach nur mal muss (oder wir das denken) oder wir eben irgendwo hingehen, er diese Stelle kennt und es nun eilig dahin hat. Wenn man ohne Leine bei einem noch nicht so funktionierenden Hund immer schneller wird, zwingt der Hund uns dazu, sein Tempo anzunehmen. Nun, er ist ein Traber, in der Regel schneller wie wir und seine Nase funktioniert bei den deutlichen Gerüchen auf dem Weg auch beim schnelleren laufen. Und so nehmen wir sein Tempo an, folgen ihm und er nicht uns. Und oft versuchen wir unbewusst, sein nicht richtiges "Ran" oder "Fuß" mit schnellen Schritten etwas aufzuhübschen. Was nun aber nicht funktioniert. Macht einfach mal langsam. Ganz langsam. Ein Freund von mir hat mal gesagt " Die Spaziergehzeit bleibt gleich, nur die Strecke ändert sich total". Scheinbar ist es nun mittlerweile so, dass nur noch wenige von Natur aus langsam können. In meinem Buch habe ich geschrieben, das ich es nicht so toll finde, wenn die Menschen wegen dem Handy den Hund aus den Augen verlieren und abgelenkt sind. In einer solchen Situation würde ich den Leuten nun aber raten, nehmt das Handy, beantwortet Nachrichten oder schreibt Freunden. Denn dann wird es langsamer. Und lasst den Hund nicht aus den Augen. Und dann, dann muss der Hund sich an unserem Tempo orientieren. Uns beobachten, wo wir bleiben, selbst ruhiger werden. Und was passiert bei "ran" oder "Fuß". Er muss auf uns achten, unser Tempo annehmen und sich einmal konzentrieren. Und wenn wir stehen bleiben, dann auch einmal zu uns kommen oder eben neben uns bleiben. Und wenn er dann von selbst meine Nähe sucht, dann habe ich ihn fast in Gefolgschaft. Oder eben eine Bindung. Das unterscheidet sich gar nicht so sehr vom Training an der Leine. Auch hier sind die Hundeführer im hohen Tempo unterwegs. Zügigen Schrittes geht es voran, als ob man so schnell wie möglich an der Gefahr und an dem Problem vorbei möchte. Und wenn das Problem auch nur "er läuft Shit neben uns" ist. Und ganz oft schiebt sich bei dem Tempo auch der Hund wieder nach vorn. Und so beginnt der Kreislauf. Hund geht vor, wir korrigieren, sind dann aber wieder zu schnell. Und noch mal und schon bin ich in einer Schleife, bei der korrigiert und korrigiert und korrigiert wird. Übel für Mensch und Tier. Und, es bringt keinen Erfolg. In dieser Situation sind wir in eine Endlos-Diskussion mit unserem Hund gekommen. Und noch etwas ist mir über die Jahre an meinem Rudel aufgefallen. Wer vorne läuft, übernimmt. Die Gegend, die Gefahr, das Tempo. Und wir schicken den Hund durch unser Tempo oft nach vorn. Macht langsam, übernehmt die Gegend und gebt den Hund die Möglichkeit, sich an euch zu orientieren. Und das muss er, wenn ich ganz langsam mache. Unnormal langsam. Das ist auch sehr wichtig für die Welpen. Bringt ihnen das "nach vorne Gerenne" doch nicht bei. Geht langsam und dann noch mal langsamer. Ruft ihn zu euch, gebt ein Leckerlie. Mit und ohne Leine. Der Welpe lernt das "ruhige" von Anfang an. Und wird es nie vergessen. Macht langsam. Wenn der Hund sich an euch orientiert, dann kann und wird es auch wieder schneller werden. Von ganz alleine. Mir persönlich ist es heute egal, wo die Hunde laufen, in welchem Abstand. Sie haben gelernt, sich an mir zu orientieren. Ich übersehe es schon oft, aber die Kamera fängt es manchmal ein. Ich bleibe stehen, die Hunde werden langsamer, bleiben stehen und sammeln sich bei mir. Und wenn ich dann so zu ihnen hinsehe, wenn sie so um mich herum geistern, dann bin ich sehr glücklich. Und dann sage ich auch mal "Eine ganz feine Bande seid ihr"...