Heute nun habe ich wieder einen ängstlichen Hund, eine Hündin, bei mir.
Drei Wochen lang bin ich wieder in mein altes Verhalten gefallen, locke sie zu mir, biete ihr Leckerlis, rede ihr gut zu. Manchmal kommt sie, manchmal nicht. Wenn ich sie anleinen will, springt sie zurück, meidet mich wie alle anderen Menschen, manchmal knurrt sie auch ein wenig.
Ein Grund für dieses Verhalten kann sein, dass der vorige Besitzer sie zu sich gelockt und ihr dann weh getan hat. Der Erfolg nach drei Wochen ist äußerst minimal. Immer wieder meidet sie, das ist ihre Lösung für ihre Probleme.
Also ändere ich meine Strategie. Ich möchte ihr gern sagen, so eine Angst ist nicht mehr nötig, aber das versteht sie nicht. Ich kann es ihr nur zeigen. Diese Hündin ist in ihrer Angst gefangen, sie kommt ohne meine Hilfe nicht heraus. Es wäre das reinste Unvermögen von mir, wenn ich ihr nicht helfen kann. Manchmal muss man den Hund auch zu seinem Glück zwingen.
Ich nehme mir also eine Leine und leine sie an. Da ich recht geschickt bin, gelingt mir das dann auch. Und dann muss sie mich 24 Stunden begleiten. Ich lasse sie nicht meiden - wenn sie weg will, ziehe ich sie vorsichtig zu mir, rede ihr freundlich zu, streichele sie, mache mich klein, gebe ihr Zuneigung. Ich zeige ihr wie schön es bei mir ist. Alles ist gut, folge mir, traue mir und das Leben ist in Ordnung.
Es dauert ungefähr eine Stunde, dass sie lernt, nun wird sie mir nachgelaufen.
Am Tisch bekommt sie etwas zu fressen, kommen meine anderen Hunde an den Zaun und bellen, schicke ich diese weg. Mit mir zu sein ist nicht gefährlich, sondern bei mir zu sein bedeutet Sicherheit für ihre arme Seele.
Ich schlafe bei ihr, etwas was ich auch bei aggressiven Hunden mache. Später lasse ich ihre Leine etwas länger und übe den Rückruf. Sie muss zu mir, dieses ist das erste, was sie nebenher lernt. Mehr Kommandos gibt es nicht, ich will sie nicht überfordern.
Und bei mir hat sie alle Sicherheit der Welt, es gibt gar keinen Grund, Angst zu haben - das ist das zweite, das sie lernt. Aber Meiden und Weglaufen und das Verfallen in das alte Muster sind keine Option mehr. Das haben wir fast vier Wochen hinter uns, es hat nicht geholfen.
Manche reden hier von Zwängen, aber dieser Hund ist in sich selbst gefangen, was sind das für furchtbare Zwänge. Und ich sollte so einem Hund schnell Hilfe leisten, denn wer ein wenig Einfühlungsvermögen hat, weiß wie es so einem Tier wochen-, ja vielleicht jahrelang geht. Und ich habe die Erfahrung mit mehreren Hunden dieser Art. Schon diese wären ein Buch wert, vielleicht widme ich ihnen auch ein Kapitel. Ängstliche Hunde sind einfach in sich gefangen und bedauernswert.
Einmal musste ich in ein Tierheim. Dort saß ein Pointer im Zwinger, der kroch bei Besuch vor Angst in seine Hütte. Ich empfahl den Pflegern, diesem Hund einen freundlichen Hund dazuzugeben und die Hütte umzudrehen, damit dieser Hund ein wenig am Leben teilnehmen kann und sich nicht immer verkriecht. Lernen durch sehen. Das können Sie vergessen, sagt der Pfleger zu mir, der macht das schon acht Jahre so. Acht Jahre Angst, diese Pfleger gehören sofort entlassen.
Übrigens, diese ängstliche Hündin geht nun ohne Leine innerhalb einer Woche in meinem Rudel mit auf Spaziergang. Auf Rückruf kommt sie, sie wedelt mit dem Schwanz und beginnt mit den anderen Hunden zu spielen und sie weiß, dass wir für sie da sind. Ein glücklicher Hund...
Das ist Claudia mit Melly. Melly war ein sehr schüchterner Hund, der nicht so viel kannte. Bei Stress auf Spaziergängen lief sie zum Auto zurück:
Hier sind Dina und Xari mit mir zu sehen. Xari lief bei lauten Worten weg. Bei Spaziergängen ohne Leine in Situationen, wo man etwas von ihr wollte, wie ein einfaches "Hier", haute sie ab und war verschwunden. Dina hatte anscheinend lange im Zwinger gestanden. Sie kannte keine Außenreize und reagierte Männern gegenüber ängstlich.